Die Nachfrage nach nachhaltigen und umweltfreundlichen Materialien steigt erfreulicherweise stetig. Für den 3D-Druck zeichnet sich eine innovative und vielversprechende Lösung ab: der Einsatz von Pilzmyzel. Er zeigt, wie Pilze im Rahmen der Biointelligenz zur Herstellung biobasierter Materialien beitragen können. Außerdem eröffnet er neue Wege für eine nachhaltige Produktion und könnte die Art und Weise, wie wir Materialien herstellen und verwenden, revolutionieren.
Die traditionelle Materialgewinnung aus biogenen Quellen, wie beispielsweise Maisstärke zur Erzeugung von Polymilchsäure, weicht zunehmend der Nutzung bisher ungenutzter Nebenströme. Beispiele hierfür sind Chitin aus Krabbenschalen oder Lignin aus der Papierherstellung. Diese alternativen Materialquellen stehen jedoch oft nur eingeschränkt zur Verfügung und sind starken Preisschwankungen unterworfen, was ihre Verwendung in neuen Fertigungsprozessen erschwert. Hier bietet das Myzel des Schimmelpilzes Aspergillus niger, das als Nebenprodukt in vielen biotechnologischen Prozessen anfällt, eine spannende Alternative. Es enthält bis zu 25 Prozent Chitin und Chitosan und fällt in lokaler Produktion in großen Mengen stetig an, was es zu einer zuverlässigen und nachhaltigen Rohstoffquelle macht.
Der Schwarze Gießkannenschimmel oder Schwarzschimmel (Aspergillus niger) ist weltweit verbreitet und kommt im Erdboden vor. Sein Trivialname leitet sich von den dunklen, fast schwarzen Sporen ab. Der sehr dunkle Schimmel bildet eine dicke, samtige Textur auf der Oberfläche des befallenen Materials. Häufig findet man Aspergillus niger an feuchten Orten oder auf verdorbenen Lebensmitteln im Haushalt. In der Natur befällt der Pilz Obst und Gemüse, findet sich aber auch in Form von Flecken auf Mauern.
Aspergillus niger spielt in der industriellen Biotechnologie eine bedeutende Rolle. Er wird häufig zur Herstellung verschiedener Produkte wie Zitronensäure, Enzyme und organische Säuren eingesetzt.
Als Nebenprodukt bei der biotechnologischen Produktion mit Aspergillus niger fällt Pilzmyzel an. Myzel (griech. Pilz) besteht aus einem unterirdischen Geflecht von feinen weißen Fäden, die den Hauptteil eines Pilzes bilden, und ist verantwortlich für die Nährstoffaufnahme und das Wachstum des Pilzes. Dieses Abfallprodukt wird als Futtermittel in der Tierhaltung, zur Gewinnung von Chitosan, einem Biopolymer mit vielfältigen Anwendungen in der Medizin, Landwirtschaft und Industrie, als Quelle für Enzyme und als Substrat für die Herstellung von Biokraftstoffen und Biogas wiederverwendet.
Carboxymethylcellulose stabilisiert das Pilzmyzel
Unsere Forschung konzentriert sich darauf, dieses Myzel durch Zusatz weiterer Hilfsstoffe, zum Beispiel von Carboxymethylcellulose (CMC) für den 3D-Druck nutzbar zu machen. CMC, ein Derivat der Cellulose, verbessert die Homogenität und Stabilität des Myzelgemisches, indem es den Wasseranteil bindet. Dies macht das Gemisch stabiler und verbessert den Druckprozess signifikant. Höhere Konzentrationen von CMC führen zu verbesserten Überbrückungseigenschaften und verringertem Schrumpfen, während sie gleichzeitig die Viskosität des Myzels steigern und nach der Trocknung dessen mechanische Eigenschaften wie Zugfestigkeit, Steifigkeit und Dehnbarkeit verbessern.
Hanffasern als Füllstoffe
Zusätzlich zur Verwendung von CMC wird der Effekt verschiedener Füllstoffe auf Stabilität und Schrumpfreduktion untersucht. Hanffasern haben sich in diesem Kontext als besonders effektiv erwiesen. Unter dem Lichtmikroskop wurden die Füllstoffe hinsichtlich ihrer Größe und Form analysiert. Hanffasern waren mit einer Faserlänge von etwa 700 μm die größten untersuchten Füllstoffe und hatten den besten Effekt auf die Schrumpfreduktion. Sie reduzierten nicht nur den Schrumpf effektiv, sondern erhöhten auch die Viskosität der Mischungen und verbesserten die mechanischen Eigenschaften der finalen Produkte.
Gefriergetrocknetes Myzel
Ein weiterer Vorteil des Einsatzes von Myzel im 3D-Druck ist die Möglichkeit, getrocknetes Myzel zu verwenden. Dieses Granulat ist einfacher lagerbar als frisches Myzel, welches bei -20 °C gelagert werden muss, und kann durch »Einweichen« im Autoklaven wieder aktiviert werden. Obwohl die verdruckten und getrockneten Objekte schwächere mechanische Eigenschaften aufweisen, zeigt gefriergetrocknetes Myzel bereits ohne Zugabe von Füllstoffen nur geringfügiges Schrumpfverhalten und eine poröse Struktur, die es sehr leicht macht. Dies könnte es zu einem idealen Kandidaten für umweltfreundliche Dämmstoffe im Leichtbau machen.
Vielversprechende Druckeigenschaften
Es zeigt sich, dass Myzel als biobasierter und nachhaltiger Verbundwerkstoff durch Zugabe von CMC und Füllstoffen ähnliche mechanische Eigenschaften wie schwächere Kunststoffe erreichen kann. Myzel mit CMC zeigt vielversprechende Druckeigenschaften. Die Entwicklungen im Bereich des nachhaltigen 3D-Drucks mit Myzel sind ein spannendes Feld, das zeigt, wie biologische Prozesse und innovative Technologien zusammenwirken können, um umweltfreundliche Lösungen für die Industrie zu schaffen. Dies könnte nicht nur die Produktionsmethoden revolutionieren, sondern auch einen signifikanten Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Fraunhofer-Campus lädt zum Tag der offenen Tür
Anlässlich des dritten Stuttgarter Wissenschaftsfestivals lädt das Fraunhofer-Institutszentrum in Stuttgart-Vaihingen am 19. Oktober 2024 zum Tag der offenen Tür. Alle fünf ansässigen Institute haben dafür ein buntes Programm mit Exponaten, Info-Stationen, Mitmach-Aktionen, Führungen und Vorträgen vorbereitet. Los geht’s um 13 Uhr.
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