Naseweis: Die elektronische Nase zur Bestimmung der Frische von Lebensmitteln

Wie moderne Technologien helfen, die Frische von Obst und Gemüse zu überwachen

Frisches Obst und Gemüse zu kaufen, kann eine Herausforderung sein. Manchmal sieht es im Laden noch perfekt aus, aber schon nach wenigen Tagen fangen die Lebensmittel an, zu schrumpeln oder noch viel schlimmer, zu schimmeln. Für Konsumenten und Konsumentinnen ist es oft schwer, den idealen Reifegrad und die Haltbarkeit von frischen Produkten einzuschätzen. Doch was wäre, wenn es eine Möglichkeit gäbe, die Qualität und Frische dieser Lebensmittel ohne großen Aufwand zu bestimmen? Genau hier kommt eine neue Technologie ins Spiel: die sogenannte »Elektronische Nase« (engl. E-Nose).

Frische Lebensmittel sind ein zentraler Bestandteil einer gesunden Ernährung, aber gleichzeitig auch sehr empfindlich. Schon kleine Veränderungen in der Lagerungstemperatur, Druckstellen oder die falsche Handhabung können dazu führen, dass Obst und Gemüse schneller verderben. Für die Lebensmittelindustrie ist es deshalb besonders wichtig, die Qualität und Frische während der gesamten Lieferkette zu überwachen – vom Feld bis ins Supermarktregal. Herkömmliche Methoden zur Überwachung des Reifegrads oder des Verfalls von Lebensmitteln sind allerdings oft teuer, zeitaufwendig und erfordern in manchen Fällen sogar die Zerstörung der Proben. Das führt nicht nur zu zusätzlichen Kosten, sondern auch zu unnötiger Lebensmittelverschwendung.

Die E-Nose bietet eine spannende Alternative zu diesen traditionellen Methoden, da sie schnell, kostengünstig und vor allem ohne Zerstörung des Lebensmittels funktioniert. Doch bevor wir uns anschauen, wie genau die E-Nose arbeitet, werfen wir einen kurzen Blick darauf, wie unser eigener Geruchssinn funktioniert.

Wie funktioniert das Riechen bei Menschen?

Um zu verstehen, wie die E-Nose funktioniert, lohnt es sich zunächst, unseren eigenen Geruchssinn genauer anzuschauen. In unserer Nase befinden sich spezielle Rezeptoren, die auf chemische Verbindungen in der Luft reagieren. Diese Verbindungen – auch Aromastoffe genannt – gelangen beim Atmen in die Nase und binden an die Rezeptoren, die diese chemischen Signale in elektrische Impulse umwandeln. Diese Impulse werden dann an das Gehirn weitergeleitet, wo sie interpretiert werden. Auf diese Weise können wir beispielsweise den süßen Duft einer frischen Erdbeere von dem unangenehmen Geruch einer verdorbenen Erdbeere unterscheiden.

Ein Mensch verfügt über etwa 5 bis 6 Millionen Riechzellen – das klingt nach einer beeindruckenden Zahl, oder? Doch im Vergleich zu Hunden, die rund 300 Millionen Riechzellen besitzen, wird deutlich, dass unser Geruchssinn bei Weitem nicht so ausgeprägt ist. Zudem wird unsere Geruchswahrnehmung oft durch äußere Einflüsse wie Erkältungen, Allergien oder das Alter beeinträchtigt. Genau hier kommt das Konzept der elektronischen Nase, der E-Nose zur Anwendung.

Wie funktioniert die Elektronische Nase?

Die E-Nose arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie unsere Nase, jedoch auf technologischer Basis. Sie besteht aus verschiedenen Sensoren, die auf chemische Verbindungen in der Luft reagieren – ähnlich wie die Rezeptoren in unserer Nase. In der von uns entwickelten E-Nose haben wir beispielsweise Metalloxid-Sensoren verwendet, die auf Gase wie z. B. Ethanol, Ammoniak und Schwefelwasserstoff reagieren. Diese Gase werden mit zunehmendem Alter und beginnendem Verderb der Lebensmittel intensiver und können somit ein zuverlässiger Indikator für Lebensmittelfrische sein.

Die E-Nose misst also die Veränderung der Gaszusammensetzung über die Zeit. Diese Daten werden dann verarbeitet und durch ausgewählte Algorithmen analysiert. In unserem Fall haben wir Methoden wie die Hauptkomponentenanalyse (PCA) und die Lineare Diskriminanzanalyse (LDA) verwendet, um die großen Datenmengen zu reduzieren und nur die relevanten Informationen herauszufiltern. Am Ende können wir die gesammelten Daten durch den Einsatz von Maschinellem Lernen analysieren und feststellen, wie frisch oder verdorben ein Lebensmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt ist.

Ein praktisches Beispiel: Frischeüberwachung bei Tomaten

In unserer Forschung haben wir eine selbstgebaute E-Nose in Kombination mit anderen Methoden zur Überwachung der Frische von Tomaten verwendet. Dazu haben wir Tomaten aus dem Supermarkt in verschiedenen Umgebungen gelagert und die Veränderungen im Lauf der Zeit mit der E-Nose aufgezeichnet. Die Sensoren in der E-Nose haben dabei die Gase gemessen, die von den Tomaten abgegeben wurden. Zusätzlich haben wir die Farbe der Tomaten und ihren Gewichtsverlust über die Zeit verfolgt, um ein noch genaueres Bild ihres Verfalls zu bekommen.

Das Ergebnis? Die E-Nose konnte den beginnenden Verderb der Tomaten erkennen, noch bevor dieser für das menschliche Auge sichtbar war! Durch die Kombination mit der Farb- und Gewichtsanalyse konnte unser System sogar genau vorhersagen, wie lange eine Tomate bereits gelagert wurde und wie frisch sie noch sein wird.

Die Vorteile der E-Nose-Technologie

Die E-Nose bietet zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichen Methoden der Frischeüberwachung. Sie ist nicht nur schnell und kostengünstig, sondern auch nicht destruktiv – das bedeutet, dass keine Lebensmittelproben zerstört werden müssen, um ihre Qualität zu überprüfen.

Ein großer Vorteil der E-Nose-Technologie ist ihre Vielseitigkeit: Neben Obst und Gemüse kann sie auch bei anderen Produktgruppen wie zum Beispiel Fleisch oder Fisch eingesetzt werden, bei denen die Frische besonders wichtig ist, um Qualität und Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten.

Ein weiterer spannender Aspekt dieser Technologie sind die vielversprechenden Zukunftsperspektiven. Stellen Sie sich vor, Sie hätten im Supermarkt oder sogar zu Hause ein Gerät zur Hand, das genau anzeigt, wie frisch ein Produkt ist und wie lange es voraussichtlich noch haltbar bleibt. Eine solche Frischeanzeige könnte nicht nur die momentane Qualität von Lebensmitteln bewerten, sondern auch eine Prognose darüber liefern, wie viele Tage das Produkt noch genießbar bleibt, bevor es verdirbt.

Dabei muss nicht jeder ein eigenes E-Nose-Gerät besitzen: Durch den Einsatz intelligenter Modelle, die auf der Analyse von Geruchsdaten basieren, könnte auch eine App künftig helfen. Beispielsweise könnte die App durch Bilderkennung von Lebensmitteln arbeiten und diese mit zuvor gesammelten Datenmodellen vergleichen. So wäre es möglich, auch ohne physisches Messgerät präzise Aussagen zur Frische eines Produkts zu treffen.

Versuchsaufbau (Quelle: Universität Hohenheim, Foto: Julia Senge)

Technologie zum Anfassen: Die E-Nose live erleben!

Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben und Sie die E-Nose einmal hautnah erleben möchten, haben Sie am 19.10.2024 die perfekte Gelegenheit dazu! Besuchen Sie uns am Tag der offenen Tür auf dem Campus des Institutszentrum der Fraunhofer-Gesellschaft in Stuttgart (IZS). Im Rahmen des 3. Stuttgarter Wissenschaftsfestivals bieten wir Ihnen exklusive Einblicke hinter die Kulissen unserer Forschung und zeigen Ihnen, wie diese innovative Technologie die Frische von Lebensmitteln überwacht – und dabei hilft, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

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